Der Sparkassenbau von 1912 in Ochtrup
Werner Brünen
Zu Anfang dieses Jahrhunderts zählte Ochtrup gut 8000 Einwohner. Die fortschrittliche wirtschaftliche Entwicklung war auch an unserem Heimatort nicht spurlos vorübergegangen. Neue Verkehrsstraßen waren angelegt, der Stadtbereich durch ansehnliche Gebäude verschönert worden. Der größte Teil der Haushalte war an die neue Wasserversorgung angeschlossen und mit elektrischem Licht versehen. Das Gewerbe betrieb seine Maschinen sauber und rentabel mit elektrischer Energie.
In dieser Situation beschloss damals im Jahre 1911 die Amtsvertretung einen Neubau für die Amtsspar- und Amtskasse zu errichten, da die Räumlichkeiten im alten Rathaus bzw. im Lessel`schen Haus an der Bültstraße nicht mehr ausreichten. Dieser Neubau war auf der „Laut“ geplant, was aber einem Teil der Bürgerschaft nicht genehm war. Heute würde man sagen, das entspräche einer Verlegung aus dem Stadtkern auf die „grüne Wiese“. Und so plädierten sie für einen Um- oder Anbau an das alte, verbaute Rathaus.
Dieser Streit der öffentlichen Meinung spiegelt sich in einer Zeitungszuschrift wider, erschienen am 13.08.1911 im „Ochtruper Anzeiger“, und hatte folgenden Wortlaut:
Im kleinen Rathaussaale,
da saßen sie allzumale,
die weisen Väter einer Stadt,
die einen guten Klang wohl hat.
Unter anderen wicht´gen Dingen,
die man wollt in Ordnung bringen,
stand zur Verhandlung eine Sache,
die heut´ sollt unter Dach und Fache.
Für Spar- und die Gemeindekasse
genügten nicht mehr die Gelasse.
Für neue musste sorgen in der Tat
der wohllöbliche Gemeinderat.
Das ist nun nicht so leicht gemacht,
wie mancher es sich wohl gedacht.
Denn die Ansichten sind verschieden,
und nichts ist vollkommen hienieden.
Die Herren Räte sahen nun ein,
und da kann man derselben Meinung sein,
dass für genannte beide Kassen
ein Neubau würd´ am besten passen.
Doch nun entstand die große Frage,
wo denn wohl ist die beste Lage.
Für einen Bau, wie er gedacht,
der jedem Bürger Freude macht.
Der Amtsrat entschied dann kurzerhand,
zu bauen auf Gemeindeland,
und zwar dort auf der nahen „Laut“,
wo bereits eine Schule ist gebaut.
Man mußt´ aber noch den Gemeinderat fragen,
was der würde dazu sagen.
Ob von dem Grundstück für solche Zwecke,
zu haben wär´ eine kleine Ecke.
Im wohllöblichen Gemeinderat
sind streitbare und friedliebende Leut´-
Ein Redner aus seiner Mitte spricht:
„Nein, meine Herren, so geht das nicht!“
Im durchdachten Sinne seiner Worte
- wie sich’s gehört an diesem Orte –
gibt seinen Gegnern kund und zu wissen,
dass von der „Laut“ man nichts will missen.
Die Kassen müssten bleiben immerfort,
wo bisher sie gewesen –und zwar im Ort-
Wenn auch die Grundstücke auf der „Laut“,
eigens für solche Zwecke gekauft.
Würden dem Wiegbold die Kassen genommen,
dann könnt´ es gar noch soweit kommen,
dass für Wirte, Händler und andere mehr,
die Existenz sogar gefährdet wär.
Da man sich nicht einigen kann,
fängt das Spiel von vorne an.
Bereits ist eine Idee gefunden,
woran die Räte ja nicht gebunden.
Zwischen Amts- und Spritzenhaus,
dort wo man geht zum Wall hinaus,
liegt eine kleine verlor´ne Ecke,
die soll sich eignen für gedachte Zwecke.
Als man dann den Amtsrat fragt,
hat dieser auch gleich „ja“ gesagt.
Nunmehr wird ein Bau entstehen,
wie ihn die Welt noch nie gesehen!
Doch haben wohl die besseren Argumente letztlich überwogen: Im Jahre 1912 wurde das neue Gebäude für die Sparkasse auf der „Laut“ (heute Stadtverwaltung an der Prof. – Gärtner - Straße) errichtet.
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