Ein Abriss seiner Lebensgeschichte von Anita Bender; 1992
Heute soll hier in kurzen Abrissen die Lebensgeschichte von Dr. Friedrich Castelle, der einige Jahre auf „Haus Welbergen“ wohnte, und dessen Name die Castellestrasse im Stadtteil Welbergen trägt, vorgestellt werden.
Dr. phil. Friedrich Castelle wurde am 30. April 1879 in Appelhülsen geboren. Er promovierte in Münster über Eichendorff. Lange Jahre war er Feuilletonredakteur des „Münsterischen Anzeigers“. In dieser ersten publizistischen Tätigkeit entfaltete er bereits Grundzüge seines Schaffens. Er versuchte, Religion, Heimat und Welt als die bewegenden Kräfte der Kultur in Einklang zu bringen.
F. Castelle gehörte zu den Gründern der Literarischen Gesellschaft, des Westfälischen Heimatbundes und der Niederdeutschen Bühne. Ebenso war er Lektor für Pressewesen und öffentliche Ausdruckskunst an der Universität Münster. Er wirkte als Vortragskünstler, Herausgeber von Zeitschriften und Büchern sowie als Schriftsteller und Rundfunkleiter. Er war ein rechter Künder und Mittler der deutschen Dichtung. Mehr als fünftausendmal stand er auf einem Podium und hat dabei durch seine Vortragskunst unzählige Menschen unvergessliche Erlebnisse aus der Dichtung geschenkt.
F. Castelle`s besondere Hingabe galt den Dichtern: Wilhelm Raabe, Wilhelm Busch, Hermann Löns, Theodor Storm, Annette von Droste Hülshoff, Gottfried Keller, Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Eichendorff und Rainer Maria Rilke. Dabei fühlte er sich besonders seinen plattdeutsch dichtenden Freunden Augustin Wibbelt und Karl Wagenfeld verbunden.
Besonders als Herausgeber von Zeitschriften hat er eine umfangreiche kulturelle Wirksamkeit entfaltet. So war er Herausgeber der Zeitschriften „Deutschland“, „Heimatblätter der Roten Erde“ (zusammen mit Karl Wagenfeld), „Die Bergstadt“ (mit Paul Keller) und „Der Türmer“. Er gab Werke der Annette von Droste Hülshoff und Gustav Falke ebenso heraus wie Werke von Ferdinant Zumbrock und eine Novellensammlung „Unsere Erzähler“. Sehr bekannt wurde er auch durch die 8- bändige Herausgabe der Werke von Hermann Löns. Auch Karl Wagenfeld`s Werke wurden ihm zur Herausgabe anvertraut.
Dieser vielbeschäftigte und vielseitig begabte Meister des Wortes schrieb aber auch eine Vielzahl eigener Werke. Der junge Lyriker war bereits 1903 unter 5000 Bewerbern in Köln preisgekrönt worden. Der Erzähler Friedrich Castelle erhielt im Jahre 1925 für seinen westfälischen Bauernroman „Heilige Erde“ den Literaturpreis des Deutschbundes für internationales Schrifttum. Wenn man seine Werke liest, versteht man, dass sein dichterisches Schaffen von jenen Dichterkollegen geprägt war, denen er sich als kongenialer Interpret in seinen vielen Vorträgen verschrieben hatte.
Seine eigene Dichtung ist noch heute wie ein Nachklang aus romantisch-biedermeierlichem Stil- und Lebensgefühl. Es war einerseits Veranlagung, andererseits aber auch Absicht für ihn, so in dieser Welt zu leben. Man mag dabei an Friedrich Lienhard denken, den dichterischen Rufer im Kampf um die Heimatkunst. Schon die Titel einiger von F. Castelles Werken sagen etwas über die besinnlichen und teils verträumten Erzählungen aus: „Das Haus in der Dreizehnmännergasse“, „Vogel Wunderlich“, „Jeremias Gotteswürmchen“ klingen ebenso heimlich wie die Erzählungen aus „Heidideldum“.
Wichtiger noch als seine hochdeutschen Erzählungen und Balladen erscheinen jedoch vielfach seine plattdeutschen Gedichte, denn bei aller Offenheit seines Geistes war er doch immer ein in Plattdeutsch denkender und dichtender Mann geblieben und schrieb selber in bestem Münsterländer Platt. Zu seinem 70. Geburtstag erschien im Verlag Aschendorff, Münster, ein Auswahlbändchen „Min Mönsterland“. Einige seiner plattdeutschen Gedichte wurden von Ernst Harloff so meisterlich vertont, dass sie noch heute zum beständigen Liederschatz mancher Münsterländer gehören.
Seit April 1930 war Friedrich Castelle auf „Haus Welbergen“ ansässig. Besonders in den darauf folgenden Jahren gewann er in der Stille dieses Hauses die Kraft zur Schaffung seiner heimatverbundenen Werke. Daneben war er als Künstler und Vermittler der deutschen Dichtkunst in vielen Städten Deutschlands unterwegs. Im Jahr 1937 ging F. Castelle zum Rundfunk nach Köln, er wurde zunächst Sendeleiter der Sendestelle Köln und dann Leiter des Senders Luxemburg. In dieser und späteren Zeit war er auch als Hörspielautor aktiv.
Lange Jahre trug Friedrich Castelle einen großen dichterischen Plan mit sich herum. Er wollte den alten mystischen Stoff „Nobiskrug“ verdichten und vertonen. Dies war „sein“ Thema. Es sollte ein großes Hörspiel werden, das – soweit waren seine Pläne gediehen – zu seinem 75. Geburtstag im Jahre 1954 in der Reihe „Plattdeutsche Hörspiele“ des damaligen NWDR gesendet werden sollte. Es war ihm jedoch nicht mehr vergönnt, sein großes Werk zu vollenden. Er starb noch kurz vor seinem 75. Geburtstag. Dieser vielseitig begabte und beliebte Schriftsteller, der vielen Menschen Freude und Frohsinn schenkte, fand seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof von St. Mauritz in Münster.
Anmerkung Heimatverein: Das Copyright und die Inhalte der in den Heimatblättern erscheinenden Berichten liegt beim jeweiligen Autor.
Zu Friedrich Castelle informieren Sie sich bitte auch an anderer Stelle, z.B Wikipedia
Link: www.muensterwiki.de/index.php/Friedrich_Castelle
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