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Ein schiffbarer Kanal über Ochtruper Gebiet?

Helmut Elsner (1)

Im Tageblatt für den Kreis Steinfurt stand am 1.Juli 1993 ein Artikel über den vorgesehenen Ausbau von Wasserstraßen in den nächsten Jahren. Es wurde darin u.a. festgestellt, dass die von einigen Experten erhobene Forderung, einen Kanal zwischen Hörstel und Enschede über Ochtrup zu bauen (Anschluss an den Mittellandkanal), zur Zeit nicht zur Debatte steht. Nach neuesten Informationen ist aber das letzte Wort darüber noch nicht gesprochen.

Ein Kanal über Ochtruper Gebiet? Ein solcher Plan existierte schon einmal, und zwar im 18. Jhd. Zur fürstbischöflichen Zeit.

Trotz erheblichen Geldmangels war unter der Herrschaft des Bischofs Clemens August von Münster (1719-1761) ein Kanal von Münster bis Clemenshafen im Jahre 1731 in Benutzung genommen worden. Ursprünglich war vorgesehen, den Kanal über das Gebiet der Grafschaft Bentheim fortzuführen und bei Nordhorn, bzw. nördlich davon, Anschluss an die Schiffbare Vechte zu bekommen.

Das fürstbischöfliche Kabinett hatte zwar einen Handelsvertrag mit der damals führenden Handelsmetropole Overijssels, der Stadt Zwolle, abgeschlossen, aber keinen Vertrag über den Kanalbau mit den Landständen der Grafschaft Bentheim, über deren Gebiet der Kanal weitergeführt werden sollte. Wahrscheinlich glaubte man, dass Clemens August, der während der infrage kommenden Zeit Administrator für den geisteskranken Grafen Friedrich war, Aufgrund seiner einflussreichen Stellung den Bau schon durchdrücken werde. Aber die zuständigen Landesstände waren als Gegengewicht zum Administrator mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet worden. Sie sträubten sich hartnäckig gegen die Fortführung des Kanals über Bentheimer Gebiet. Sie befürchteten, dass Bentheimer Fuhrleute und Bauern, die im Nebenberuf die Überlandfahrten von Nordhorn bis zum Kanal ausführten, arbeitslos würden.

Alles Verhandeln half nicht, so wurde nach anderen Möglichkeiten der Fortführung des Kanals gesucht. Zuerst war eine Verbindung mit der Ems vorgesehen. Der Höhenunterschied, der zu überwinden war, war für die damalige Zeit zu beträchtlich und der Bau von mehreren kostenaufwendigen Schleusen wäre erforderlich gewesen. Der andere ernsthafte Plan war der grandioseste! Die Fortführung des Kanals sollte parallel zur Ems auf dem fürstbischöflichen Streifen zwischen der Grafschaft Bentheim und der Ems erfolgen. Letztendlich sollte es das Bourtanger Moor durchstoßen und in den Dollart einmünden. Damit verbunden sollte eine Entwässerung und Besiedlung der berührten Moorgegenden durchgeführt werden. Dieser großartige Plan musste wegen des chronischen Geldmangels und der unübersichtlichen Kosten verworfen werden. So blieb nur noch der Plan übrig, bei dem der Kanal die Grafschaft Bentheim im Süden umging und bei Vermeidung von Hügeln und Sandflächen über Wettringer, Ochtruper und Gronau-Eper Gebiet führte und bei Enschede in die bereits schiffbare Regge mündete. Die zu bewältigende Entfernung auf fürstbischöflichen Gebiet betrug ca. 22,5 km, während auf dem Territorium der Provinz Overijssel ca. 19 km zurückzulegen waren. Für die Bewältigung des Niveauunterschiedes zur Regge war der Bau einer Schleuse erforderlich. Dieses Projekt sah die Kanalführung über Ochtruper Gebiet nördlich der umwallten Stadt vor.

Alles in allem die günstigste und preiswerteste Lösung, um Münster an das niederländische Kanalnetz anzuschließen. Aber nun sperrten sich die anderen Handelsstädte der Provinz Overijsell, unter anderem Deventer, denn sie befürchteten, einen Teil ihres Überlandhandels mit Fuhrwerken zu verlieren. Der Plan wurde nicht ausgeführt, es kam nur zur Verlängerung des Kanals bis Maxhafen im Jahre 1771 in der Regierungszeit des Fürstbischofs Maximilian Friedrich (1762-1784).

Der große Nachteil des Max-Clemens-Kanals war die geringe Frequentierung. Die Einnahmen aus der Benutzung deckten kaum die Betriebs- und Baukosten. So verbot sich von selbst die Weiterführung des Kanals in irgendeiner Form. Der Kanal diente nur der Versorgung Münsters, der engeren Umgebung Münsters und der am Kanal und an den Zufahrtwegen liegenden Ortschaften.

Dem Gütertransport dienten zwei, manchmal drei Treckschuten von 16 m Länge und drei m Breite. Sie konnten bis zu 10 Tonnen Last befördern. Am Ende des vorderen drittels stand der Mast, an dem das Treckseil befestigt war. Die Schuten wurden von einem Pferd gezogen. Treidelweg war der westliche Kanaldamm. Ab 1733 wurde ein besonderes Postschiff eingesetzt. Dieses Fahrzeug war Teil der Postlinie Münster- Zwolle- Amsterdamm. Es verkehrte regelmäßig und wurde auf der Fahrstrecke von Münster nach Clemenshafen, bzw. später nach Maxhafen, von den Passagieren gern benutzt, denn eine gleitende Fahrt auf einem Wasserweg war allemal einer Fahrt mit der Kutsche auf schlechten Wegen vorzuziehen. Die Lastkähne verkehrten nur bei Bedarf.

In den zehn Jahren zwischen 1746 und 1755 wurden nach vorhandenen Unterlagen im Jahresdurchschnitt ca. 17500 Zentner (8,75 t) an Einfuhrgütern und nur ca. 900 Zentner an Ausfuhrgütern befördert. Die mögliche Transportkapazität war bei weitem, vor allen Dingen im Bereich der Ausfuhr, nicht ausgelastet. Die vorgenannten Gütermengen bei der Einfuhr konnten aber auch nur erreicht werden, weil die Verpflichtung für die nach Münster bestimmten Waren für längere Zeit bestand, den Kanal auch weiterhin – unter Umgehung der Grafschaft Bentheim – die Zollstraße über Ochtrup zu benutzen. Das diese Zollstraße besonders von dem weiter ins Inland führenden Güterverkehr oft umgangen wurde, ist sicher.

Hauptausfuhrartikel waren Leinwand, Schinken und Holz. Die Einfuhr setzte sich hauptsächlich aus feinen Stoffen (z.B. Seide), Öl, Tran, Zucker, Käse, Gewürzen und vor allen Dingen gesalzenen Fischen zusammen. Im 19. Jhd. Kamen Kaffee und Javareis hinzu.

Nach 1765, als ein Privatunternehmer den Kanal gepachtet hatte, verlagerte sich der Verkehr von der Linie Regge-Enschede-Ochtrup wieder mehr auf die Vechte bis Nordhorn und von dort mittels Fuhrwerk zum Kanalendpunkt. Gegen Ende des 18. Jhd. Erhöhte sich die Gütermenge, sowohl bei der Einfuhr als auch besonders bei der Ausfuhr erheblich. Aber nur ein geringer Teil davon ging über Ochtrup.

Nach der Übernahme des Münsterlandes durch den preußischen Staat trat 1819 mit dem Inkrafttreten des preußischen Finanz- und Schutzzollgesetzes wiederum ein Umschwung ein. Danach mussten alle über Gronau aus den Niederlanden kommenden Güter, die für Münster bestimmt waren, die Straße nach Maxhafen, also über Ochtrup, nehmen und auf dem Kanal, bzw. bi zu niedrigem Wasserstand über den Kanalböschungsweg, weitertransportiert werden. Das trug wieder zur Belebung des Verkehrs über Ochtrup bei.

1938 waren von den 15224 Zentnern Einfuhrgüter, die in Maxhafen registriert wurden, nur 1873 Zentner aus Holland über Nordhorn, 4177 Zentner aus dem Königreich Hannover - meistens über die Ems kommend - und 7531 Zentner, also die Hälfte, aus Holland über Ochtrup transportiert worden.

Was hatte Ochtrup von diesen Transporten, die an Ochtrups Toren vorbei in der Regel durch die Vorstadt Horst und Wall führten? Doch etwas! Denn hin und wieder musste Vorspann geleistet werden, ging eine Achse oder ein Rad kaputt, musste ein Pferdehuf beschlagen werden. Auch ein Gasthaus erhielt oft genug Gäste, die dort verzehrten und übernachteten. Auch beim Durchgangsverkehr fiel daher so mancher Mariengroschen, Silbergroschen oder Taler für Ochtruper Bürger ab.

1840 wurde der Verkehr über den Max-Clemens-Kanal eingestellt, da andere Verkehrswege für den in schlechtem Zustand befindlichen Kanal Ersatz boten. Für Ochtrup war es besonders wichtig, dass in den 40er Jahren des 20. Jhd. der Bau der Landchaussee Münster-Burgsteinfurt-Ochtrup-Gronau erfolgte.

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1 Als Quelle wurde benutzt:Heinrich Knüfermann: Geschichte des Max-Clemens-Kanals im Münsterland; Dissertation Münster 1907

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