50 Jahre Lok- Betrieb im Hauptwerk
Abschrift aus Werkszeitung Gebr. Laurenz, Weihnachten 1956
Fünfzig Jahre sind es nun her, seit unsere Lokomotive, erbaut von der Hohenzollern-A.G., Düsseldorf, in Betrieb genommen wurde. Auf dem werkseigenem Anschlussgleis dampfte sie am 20. Juni 1906 zum ersten Male nach Langenhorst. Und da Jungfernfahrten nun mal so ihre Eigenarten haben, brauste sie mit 12 atü und einer wenig erfahrenen Besatzung am Bahnhof Langenhorst vorbei. Kein "Halt" konnte diese 12 t auf Rädern zum Stehen bringen. Majestätisch fuhr sie dann überall bestaunt im Bahnhof Welbergen ein. Die Besatzung benutzete diese Gelegenheit, einige Flaschen "Münsterländer" zu laden, um diese als erstes Frachtgut nach Ochtrup zu bringen. Dort wartete man aber vergebens. Was war geschehen? - Die Besatzung hatte inzwischen des Guten zuviel getan und ein privates "Prösterchen" sich genehmigt. Inzwischen ging der guten Lok die "Puste" aus. Was nun?
Eine Lokomotive der Königl. Eisenbahndirektion war die letzte Rettung. Sie sorgte für den Rücktransport.
Das Tagewerk unserer Lok verlief all die Jahre in gleichmäßiger Pflichterfüllung. Der 1. Weltkrieg wurde gut überlebt, der 2. so eben. Als im Herbst 1944 ein Jabo unsere Lok am Bahnhof Langenhorst ausmachte, setzte er zum Angriff an. Kaum hatte sich die damalige Besatzung Kohlmann - Wessling in Sicherheit gebracht, als es schon einen ohrenbeteubenden Knall gab; aber unsere Lok stand noch, sie war von oben bis unten mit Dreck beschmutzt. Eine Bombe war 10 m von der Lok entfernt eingeschlagen. Das war nach der Jungfernfahrt das zweite erregende Erlebnis!
So gedachten wir alle unserer Lok, die an ihrem Halbjahrhundert- Geburtstag in Jubiläumsschmuck und leuchtenden neuen Farben vor dem Hauptwerk die Betriebsinhaber mit lautem Pfiff begrüßte. Ihre Besatzung wurde von Herrn Laurenz und Herrn Krebs beglückwünscht und erhielt wie vor 50 Jahren von den Herren Kommerzienräten eine Flasche "Münsterländer" und Zigarren. Selbst die Belegschaft des Bahnhofs Ochtrup, an der Spitze der Bahnhofsvorsteher, ließ es sich nicht nehmen, bei der Einfahrt in Langenhorst Besatzung und Lok herzlich zu begrüßen. Bei dieser Gelegenheit kam dann der "Münsterländer" wieder zum Zuge; aber nicht mehr so wirkungsvoll wie bei der Jungfernfahrt vor 50 Jahren; dafür war die Besatzung heute ein wenig erfahrener - so oder so!
Möge unsere alte Lokomotive als Zeuge einer guten und ruhigen Vergangenheit weitere 50 Jahre gen Langenhorst und zurück dampfen - trotz des beginnenden Atomzeitalters, trotz der Wasserstoffkraft und aller Giganten im Güterverkehr - zum Nutzen unserer Firma - das sei unser Wunsch!
Urkunde
über die Genehmigung zum Betrieb der feuerlosen 2/2 gekuppelten Tender- Lokomotive, Betriebs- No. -, Fabrik- No. 2084 der Gebrüder Laurenz in Ochtrup.... auf dem Anschlußgeleis von Haltestelle Langenhorst der Linie Ochtrup- Rheine bis zu ihrer in Ochtrup belegenen Fabrik zur Beförderung von Gütern.
Auf Grund des § 22 des Gesetzes über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen vom 28. Juli 1892 und des § 11 der Betriebs- Vorschriften für Kleinbahnen mit Maschinenbetrieb vom 13. August 1898 wird die oben bezeichnete, der Firma Gebrüder Laurenz in Ochtrup... angehörige 2/2 gekuppelte Tenderlokomotive unter Bezugnahme auf die mit dieser Urkunde verbundene Anlagen- Bescheinigung der Lokomotive, Zeichnung des Kessels, Bescheinigung über die Prüfung der Bauart, Wasserdruckprobe und über die Abnahme- Untersuchung - die Genehmigung zur Verwendung im Eisenbahnbetriebe erteilt. Der Kessel der Lokomotive ist mit einem Fabrikschilde versehen, welches folgende Angaben enthält:
a. festgesetzter höchster Dampfüberdruck 12 Atm.
b Name des Fabrikanten der Lokomotive und des Kessels: "Hohenzollern" Aktiengesellschaft für Lokomotivenbau zu Düsseldorf
c. laufende Fabriknummer 2084
d. Jahr der Anfertigung 1906
Münster, den 4. September 1906
gez. Unterschrift
Siegel
Königliche Eisenbahndirektion
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